Skitourenreise Island
- wdoerig
- vor 6 Tagen
- 4 Min. Lesezeit
Erlebnisse auf der Troll-Halbinsel im Norden Islands zwischen Feuer, Eis und Polarlicht
Es war noch ein Platz für Skitouren in Island frei.
Gerne nutze ich die Gelegenheit, obwohl ich über die Teilnahme von drei Snowboardern informiert werde. So sind wir eine wenig homogene Gruppe von drei Skitouristen und drei Snowboardern. Dank dem freundschaftlichen Verhältnis mit Alpine Welten darf ich mich auf den Touren selbständig machen und alleine zusätzliche Gipfel besteigen. Also kein Problem, wenn es langsamer als gewohnt voran gehen würde.
Wie geplant, soll es am 22.04.2023 von München nach Keflavík gehen.
Im Gate suche ich meine Gruppe unter den Islandreisenden. Der Abflug hat schon zwei Stunden Verspätung und wird wegen Triebwerkschadens ganz abgesagt gerade, als ich meine Gruppe finde.

Was nun? Zusammen überlegen die wir uns erst seit einigen Augenblicken kennen, wie wir die missliche Situation meistern.
Christina, meine Frau, das Organisationstalent, hilft uns aus der Ferne, sofort ein Hotel im Flughafen zu buchen, während ich mit Alpine Welten die finanziellen Konsequenzen und das weitere Vorgehen kläre.
Im absolut Ungewissen, wann und ob die Maschine anderntags starten wird, treffen wir uns nach dem Einchecken zum Dinner, wo wir uns nun besser kennenlernen. Die Gruppe ist sich auf Anhieb sehr sympathisch. Ob das am gemeinsamen Schicksal liegen mag?
Auf jeden Fall geniessen wir zusammen die Vorzüge des schönen Hotels.

Anderntags bringt Christina, mein Organisationstalent, von der Ferne mehr über unser
Weiterkommen in Erfahrung, als wir direkt am Flughafen erfahren können.
Die Maschine wird mit mehr als einem Tag Verspätung starten; so geniessen wir fast den ganzen Sonntag im Fitness und Spa und machen das Beste aus der Situation.

Viel zu spät kommen wir in Keflavík an, wo wir vom Bergführer und seiner Frau empfangen werden.
Es bleibt uns nun nur, durch die Nacht Richtung Ólafsfjörður auf der Troll-Halbinsel zu fahren. Völlig übernächtigt versucht man im Auto so gut es geht zu ruhen.

Doch plötzlich hält der Führer an: Es sind Nordlichter am Himmel. Ich bin ganz aufgeregt, hab schon viel von den grünen Lichtern gehört, aber noch nie etwas Derartiges gesehen.
Alle steigen aus und versuchen, das faszinierende Schauspiel mit Handys und Kameras
festzuhalten.

Die Weiterfahrt dauert bis zum Morgengrauen.

Wir werden in unser Zuhause, ein Blockhaus direkt am Eyjafjörður, gebracht.

Nun will der Führer schlafen, während wir voller Tatendrang die erste Skitour nicht verpassen wollen. Zu zweit ziehen wir, wohl müde von der Reise, aber top motiviert, alleine los und erklimmen einen der nahegelegenen Gipfel über eine steile Rinne.
Leider liegt in tiefen Lagen bis 100 Meter zu der späten Jahreszeit kein Schnee, so dass wir erst über Gras und Moorlandschaften, die Ski auf den Schultern, aufsteigen.
Über eine Krete erreichen wir den Gipfel und fahren durch die nächste, noch steilere Rinne in tollemFrühlingsschnee ab.
Gerade zur richtigen Zeit kommen wir zum Briefing mit dem Führer zurück.
Jetzt geht es doch noch zum 970 Meter hohen Múlakolla; leider jetzt ohne Sicht im Nebel und mit der Erkenntnis, dass Splitboard und Softboots wenig geeignet für Traversen in hartem Schnee sind. Während der Abfahrt schiessen die Boards jedoch an uns vorbei.

Ein kühles Bier im heissen Jacuzzi erwartet uns im Blockhaus.

Das Dinner bereiten wir zusammen vor: Fisch vom nahegelegenen Markt dominiert unser Menü.
Zum Frühstück, welch ein Gedicht: den wohl besten Rauchlachs, den ich je gegessen habe.


Weiter geht es zum Fischerdorf Dalvík, zu den Gipfeln der Mulahyrna Halbinsel.
Alleine steige ich zu einem entfernten Gipfel vor und fahre ab, um die Gruppe im Aufstieg wieder zu treffen.
Die Gruppe treffe ich erst auf dem nächsten Gipfel bei der Rast.
Gemeinsam fahren wir im traumhaften Firn ab: beste Verhältnisse vom Gipfel bis zum Auto.
Glücklich über unsere Traumabfahrt kehren wir in das bekannte kleine Kaffee im Dorf ein: herrliche, selbstgemachte Kuchen erfreuen unsere Gaumen.

Am nächsten Tag leider schlechtes Wetter.
Wir beschliessen eine Sightseeing-Tour mit dem Besuch des Geo-Thermalbades in Mývatn.

Sich in die nach Gülle stinkende Suppe zu begeben, verlangt mir einiges an Überwindung ab. Jetzt habe ich verstanden, warum man hier das Jacuzzi täglich ablaufen lässt. Das warme Wasser kommt überall einfach aus dem Boden. Sogar die elektrische Energie wird über Geothermie gewonnen. Mit dem vulkanisch erzeugten Dampf werden Dampfturbinen angetrieben.
Wieder gutes Wetter, beschliessen wir, eine Tour nahe Blockhaus zu machen, ins Tal hinter den Gipfel, den wir zu zweit am ersten Tag bestiegen haben.


Wieder machen die Traversen den Splitboardern zu schaffen. Einer der drei beschliesst umzukehren und uns das Auto durch einen Tunnel auf die andere Bergseite zu bringen.
Danke Gerd, du hast uns mit der Aktion eine herrliche Abfahrt auf die andere Bergseite ermöglicht, die sonst logistisch nicht zu bewältigen gewesen wäre.
Ich beschliesse beim Auto, die Gruppe zu verlassen und den Weg, den wir gekommen sind, zurück zum Blockhaus zu finden. Zusätzlich steige ich nun von hinten auf den Gipfel vom ersten Tag auf und fahre erneut über die steile Rinne zum Dorf hinunter.
Meine Kollegen treffe ich bereits im Jacuzzi an.
Man, habe ich Durst: schnell zu den Freunden ins warme Nass und ein kühles Getränk von innen wirken lassen


Am Abreisetag beschliessen der Profisnowboarder Thomas und ich, noch einmal die Tour vom ersten Nachmittag zu gehen.

Die Spur lege ich für Splitboarder optimal an. Den Gipfel erreichen wir schnell. Die Abfahrt mit leider schlechter Sicht. Der Schnee in den niederen Lagen ist in den wenigen Tagen erheblich zurückgegangen.

Es ist Zeit, Island den Rücken zu kehren. Wir haben für die späte Jahreszeit, in der hier schon die meisten mit kurzen Hosen herumrennen, schöne Skitouren mit Meeresausblick erleben dürfen.
Und die Bindung:
Zu Hause wird mit Hochdruck am neuen Frontbacken gearbeitet, während ich hier die Steighilfe teste. Das Design der Steighilfe lässt noch zu wünschen übrig.

Die Auflagefläche für den Gummiabsatz am Schuh ist zu gering und gräbt sich ein.
Zudem wirken sich zu wenig gerundete Kanten ebenfalls negativ auf die Schuhsole aus.

Mit dem Stopper kommen wir leider schlecht voran. Die Tücken von schlecht zu definierenden Biegungen machen uns zu schaffen.
Was nicht zu berechnen ist, muss mit Ausprobieren und sich langsam an das Ziel
Herantasten ermittelt werden: Sehr zeitintensiv, und es bleiben uns nur noch
wenige Wochen bis zum Saisonende.
Für den nächsten Winter ist die Nullserie zum Testen mit namhaften Grössen aus dem Bergsport geplant.